Die deutsche Grammatik steckt voller Tücken und Fallen, in die nicht nur Otto Normal-Schreiberinnen und Schreiber immer wieder tappen. Sondern auch so mancher Texter für große Unternehmen. Ein Klassiker ist zum Beispiel die richtige Verwendung von ss oder ß. Am amüsantesten finde ich allerdings den Apostroph, wenn er zum Deppenapostroph mutiert.
Meine kleine Geschichte beginnt mit dem Hilfeanruf einer Kundin. Eine von jener liebenswerten und langjährig treuen Art, der ich mein grammatikalisches Wissen gerne auch mal zum Nulltarif zur Verfügung stelle. Also ließ ich das Textameter ruhen und konzentrierte mich auf ihre Frage, ob es denn nun Sissi’s Kaiserschmarren hieße oder Sissis. Man wolle sich schließlich nicht zum Deppen der Nation machen, schon gar nicht bei Produktnamen mit einem Haltbarkeitsdatum anno ferner Zukunft. Nun bin und war ich immer schon der Meinung, dass niemand im Leben alles wissen kann. Aber man sollte sich gewahr sein, wann Hilfe nottut und an wen man sich vertrauensvoll wendet. Weshalb bei meiner Kundin heute nicht Sissi’s Kaiserschmarren am Packerl steht, sondern korrekterweise Sissis.
Im 2. Fall der Fälle kein Apostroph
Tatsächlich zeigt sich mehr als 20 Jahre nach der Rechtschreibreform, dass die Zeit keine heilende Wirkung hat, wenn es um korrekte Texte geht. Das ortografische Gedächtnis entwickelt sich nur höchst zögerlich. Wenngleich der zweifelhafte Siegeszug des Deppenapostrophs eigentlich keine reformatorische Konsequenz ist, sondern mitunter das Ergebnis der Globalisierung. Stichwort McDonald’s und dessen immunschwächende Wirkung auf den deutschen Genetiv. Denn während der Apostroph im Englischen vor dem besitzanzeigenden „s“ absolut tasty ist, erweist er sich im Deutschen als unverdaulicher Zusatzstoff. Rosi’s Grillstand, Helga’s Salon oder Fini’s Feinstes sind deshalb falsch, weil die deutsche Grammatik bei einem Genetiv (2. Fall) einfach keinen Apostroph vorsieht. Es sei denn, man betrachtet genannte Beispiele rein als Markennamen, bei denen dann freilich alles erlaubt ist. Sprich Freiheit in der Werbung!
Um das Ganze noch etwas zu verkomplizieren, gibt es natürlich eine Ausnahme von dieser Regel. Und zwar dann, wenn das Wort bzw. der Name auf z, x, tz, ss, s oder ß endet. Also zum Beispiel: Rosa ist Hans‘ Freundin. Doch das virtuose Handling des Apostrophs hat längst die Grenzen des Genetivs überschritten und mittlerweile auch schon den Plural infiziert. Ganz zu schweigen von der missbräuchlichen Verwendung bei Wörtern, die von Haus aus auf „s“ enden.
Deshalb hier weitere Regeln wie man’s richtig macht:
- Ein Apostroph hat dort seine Berechtigung, wo das Pronomen „es“ zu „s“ verkürzt wird. Also zum Beispiel: Wie geht’s dir im neuen Job? Wie wird’s morgen?
- Kein Apostroph setzt man bei einem unbestimmten Artikel, der mit einer vorherigen Präposition verschmilzt: Deshalb heißt es zum Beispiel nicht „Mehr für’s Leben“, sondern „Mehr fürs Leben.“ Und man geht nicht auf’s Klo, sondern natürlich aufs Klo. Auch liegt niemals etwas unter’m Sessel, sondern immer unterm Sessel. Um keinesfalls geht man in’s Kino, sondern ins Kino.
- Wie schon erwähnt, ist die Verwendung des Apostrophs beim Plural besonders bizarr. Also bitte nicht „Auto’s rückwärts einparken“, sondern „Autos rückwärts einparken.“ Und wer mehr als eine CD hat, befindet sich nicht im Besitz von CD’s, sondern von CDs.